Wie Du sicherstellst, dass dein KI-Post nicht dem KI-Hype hilft (übersetzt ins Deutsche von Jan Lehnardt)

Wenn wir nicht vorsichtig damit sind, wie wir über KI sprechen, dann könnten wir aus Versehen dazu beitragen, den Hype zu schüren.

Wenn wir eine Technologie hypen, dann helfen wir hauptsächlich den Leuten, die in diese Technologie Geld investiert haben. In diesem Post geht es nicht um diese Leute oder ihr Geld, vielleicht bräuchten sie ja sogar Hilfe…, mein Punkt ist allerdings, dass sie zum Verständnis der Vorteile von KI irrelevant sind. Sie trüben nur unseren Blick und überschatten die wirklich wichtigen Fragen.

Von diese Fragen gibt es so einige. Sind LLMs hilfreich, können sie bestimmte Probleme gut lösen, sollten wir sie überhaupt benutzen? Manchmal ist die Antwort ja, manchmal ist sie nein. Es gibt auch Grauzonen, manche Anwender_innen finden sie nützlich, andere nicht.

Steigern sie die Produktivität, können sie, was Menschen können? Kommt drauf an. Und deswegen sollten wir uns die Details genau anschauen bevor wir beim Hype mitmachen.

Wenn wir mithypen und nur abfeiern, was gut ist oder gut scheint, dann helfen wir nur den mächtigen Milliardären, die ohne Unterlass Geld in die Technologie pumpen. Außerdem vergessen wir dann schnell die zahlreichen Ethischen Probleme, die grundsätzlich in diese Technologie eingebaut sind. Insbesondere die Probleme, die heutzutage bei der Entstehung von KI-Systemen entstehen: Es geht schon bei der Beschaffung von seltenem Erdmetall für die Chips los und macht vor der Traumatisierung von menschlichen Klassifizierenden, der um Größenordnungen höheren Energiebilanz bei Training und Benutzung und dem massiven Diebstahl der Arbeit von kreativen Menschen keinen Halt.

Also, wann Riskieren wir, dass wir KI überhypen?

Vergiss, dass es sich um eine Maschine handelt

Wir sagen zum Beispiel Dinge wie „Ich Frag mal [Tool]”, „er/sie sagt”, „er/sie schlägt vor”, „er/sie hat mir gesagt”. Oder „er/sie denkt”.

Diese Phrasen humanisieren die Machine. Wenn wir unser Haustiere humanisieren, dann ist das ist das süß (aber nicht nur, die Wahrnehmung von Tieren ist eine eine ganz eigene Wissenschaft). Wenn wir Maschinen humanisieren, dann helfen wir den Milliardären.

Dieses Thema ist zu wichtig um hier nicht pedantisch zu sein: Ein LLM antwortet auf unsere Worte mit anderen Worten sortiert nach statistischer Wahrscheinlichkeit. Und obwohl das manchmal unheimlich beeindruckend und menschlich wirkt, jedwegliche Intelligenz, die zum Vorschein kommt, ist eine Illusion. Es ist unwahrscheinlich, dass Milliardäre ohne eine passende Ausbildung, damit irgendwelche wissenschaftliche Fortschritte machen werden.

Der Begriff „Künstliche Intelligenz” ist nur dazu erfunden worden, um ein bestimmtes wissenschaftliches Forschungsgebiet attraktiver für potentielle Geldgeber zu machen. Was heute als KI verkauft wird ist weder künstlich, noch intelligent. Die Technologie mag sicher beeindruckend sein, aber es sind einfach nur Maschinen.

Sag „Es ist Unvermeidbar”

Jene, die unendlich viel Geld in KI-Technologie gesteckt haben, wie Microsoft z.B., die 100 Milliarden US-Dollar in OpenAI investiert haben, glauben vielleicht, dass KI unumgänglich ist. Für ihre Investitionen erwarten sie jetzt Renditen und setzen alles in ihrer Macht in Bewegung, um diese zu erzeugen, notfalls mit ihrer dominanten Marktmacht.

Durch Unvermeidbarkeit wird suggeriert, das es einen universellen Appetit auf diese Technologie gibt. Und sicher gibt es Appetit, aber der Fakt dass ein Großteil von Software darum betteln muss, damit ihr Benutzer_innen doch bitte endlich die KI Features einschalten und benutzten, deutet auf ein anderes Bild.

Google Workplace zum Beispiel nimmt bestehende, sinnvolle und nützliche Features zurück, wenn man nicht auch sofort KI einschaltet.

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Slack bietet 50% Rabatt an, wenn man KI einschaltet.

KI ist nicht unvermeidbar für uns Menschen. Nicht zu Hause, aber auch nicht auf der Arbeit, wo wir Technologieentscheidungen treffen.

Noch mal: KI könnte hilfreich sein. Ich gebe zu, KI könnte der einzige Weg sein um etwas bestimmtes zu erreichen. Aber KI könnte auch unnütz sein, nicht auf ein Problem passen oder eine unnötig extravagante Lösung für ein bestimmtes Problem sein. Davon haben wir auch schon viel gesehen.

Ordne die Benutzung an (ohne zu erklären wie oder warum)

Firmenvorstände verlangen zunehmend die Benutzung von KI ohne zu erklären wie genau und warum überhaupt (vielleicht sagt ihnen niemand „nein”). Ohne eine Begründung und ohne eine ordentliche Analyse ob der Einsatz von KI für einen konkreten Fall überhaupt sinnvoll ist, ist das alles nur Hype.

Laut deren Geschäftsführer, müssen bei Shopify alle Entwickler_innen KI benutzen:

Bevor sie mehr Leute einstellen können oder größere Budgets bekommen, müssen Teams erst mal beweisen, warum sie ihr Ziele nicht mit der Hilfe von KI erreichen können.

(Aus der Notiz von Shopify Geschäftsführer Tobi Lütkes „Reflexive AI usage is now a baseline expectation at Shopify”, vom 7 April 2025, auf einem sozialen Medium, dass ich nicht verlinken will).

Der Geschäftsführer von Axel Springer, der Firma der in den USA Politico und Business Insider gehört, sagte, dass Angestellte erklären müssen, warum sie keine KI verwenden.

Julia Liuson, Präsidentin der Entwicklungsabteilung bei Microsoft und GitHub, sagte „KI ist jetzt nicht mehr optional” und sollte ab sofort zur Leistungsbeurteilung hinzugezogen werden. Dem oberen Management schrieb sie:

KI sollte Teil ihrer ganzheitlichen Betrachtung der individuellen Leistungs- und Einflussbewertung sein.

Ich höre immer wieder Freunden, die bei großen Techfirmen arbeiten, dass sie für die Verwendung von mehr KI belohnt werden. Das nicht zu machen könnte dazu beitragen, dass ihre Leistungsfähigkeit in Frage gestellt wird und damit auch ihre Jobsicherheit, besonders in Ländern ohne Arbeitnehmerschutz.

Sage voraus, dass „es Zeit spart”

Ob das stimmt weißt Du wirklich immer nur hinterher. Vorhergesagte Zeitersparnis ist reines Marketing, wenn es um realistische Szenarien geht.

Sicher, ein Essay mit 1000 Wörtern zu schreiben (oder eins zu übersetzen, Anm.d.Ü.) dauert länger als einen Chatbot zu bitten es zu generieren, aber die meisten Organisationen verlangen trotzdem einen ausführlichen Korrekturprozess bevor das Ergebnis veröffentlicht werden kann. Das sogenannte „Vibe-Coding” von Anwendungen, die für den Geschäftsbetrieb relevant sind, mag nur ein paar Tage, statt Monaten oder Jahren, dauern, aber im Nachhinein die (Sicherheits-) Fehler auszubügeln könnte länger dauern und teurer sein.

Eine Studie von METR, einer NGO, die von einem ehemaligen OpenAI-Forscher gegründet wurde, zeigt dass Entwickler_innen, die dachten, sie würden 24% Zeit sparen, in Wirklichkeit 19% länger brauchten, wenn sie KI einsetzen. Simon Willison vermutet, dass es sich dabei nur um eine Lernkurve handelt, aber wir beobachten zukünftige Entwicklungen hier mit großem Interesse.

Die Aussicht auf Zeiteinsparung mag die jetzige Zeit und den Aufwand zum Experimentieren rechtfertigen. Ebenso sind Berichte von Organisationen, die von tatsächlichen Einsparungen berichten sinnvoll. Aber einfach Zeiteinsparungen voraussagen schürt nur den Hype.

Und auch wenn Zeit gespart wird… „Produktivität ist kein Wert” erklärt Salma in ihrem Post The Promise that wasn’t Kept. Wie Alma es in ihrem Post betont, geht es hier um echte Werthaftigkeit.

„Du wirst den Anschluss verpassen”

Manch eine KI wird damit beworben, dass die, die sie nicht (oder nicht genug) benutzen, zurückbleiben werden, den Anschluss verpassen. Während der Rest der Welt an dir vorbeizieht und sich über technologische Glückseligkeit freut, kommst Du ohne KI nicht mehr klar.

Ist klar. Erstens, es ist zweifelhaft, dass die Technologie wirklich dermaßen vor Wonne strotzt. Oder dass nicht auf jeden Zug aufspringen überhaupt ein Problem ist. Salma erklärt in ihrem Post, und Heather Buchel greift es in ihrer wohlbedachten Antwort auf, und fragt, wann sie endlich mit den kreativeren und erfüllenderen Teilen ihres Jobs anfangen kann.

Zweitens könnte eine Firma einfach damit zu finanziellem Erfolg kommen, in dem sie KI vermeidet (wenn wir mal kurz davon ausgehen, dass die Welt ein Wettbewerb ist). KI Hersteller werden über kurz oder lang ihre Preise erhöhen müssen, damit sie ihre milliardenschweren Renditen einfahren können.

Es ist also nicht klar wie viel oder wenig KI-Benutzung am Ende dazu führt ob jemand mit dem Strom schwimmt oder zurückgelassen wird. Mit der Zeit sollte das aber klarer werden. Bis dahin sind solche Argumente purer Hype.

Zum Schluss

Ich stimme Declan Chidlow damit zu, dass wir konstruktive KI-Kritik brauchen. Meine Hoffnung ist, dass ich hier dazu meinen Beitrag geleistet habe. Und wie immer freue ich mich darüber zu hören, was ihr dazu sagt.

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